Mittwoch, 2. Dezember 2009

Keine Zeit für Probleme

A: Guten Tag, was fehlt Ihnen denn?

B: Was mir fehlt? Ne Zeitmaschine. Oder Zeit. Oder ein Pausenknopf.

A: Sie scheinen sehr zeitfixiert zu sein. Warum das?

B: Weil ich keine Zeit habe und das gerne rückgängig machen würde oder einfach mal kurz anhalten. Durchatmen. Pause machen.

A: Warum denken Sie das? Warum haben Sie keine Zeit?

B: Weil ich keine Zeit habe. Es gibt zu viele Dinge, die gemacht werden wollen, und zu wenig Zeit, um diese ordentlich oder überhaupt zu erledigen. Ich habe keine Zeit. Ich brauche aber Zeit.

A: Was passiert sonst?

B: Sonst platze ich. Oder implodiere. Oder ich fahre mich einfach im Morast des Keine-Zeit-und-zu-viel-Stress-Habens fest. Wahrscheinlich das. Denn man schafft nichts, wenn man unter Zeitdruck steht. Das ist immer so. Man muss etwas machen und weiß, dass die Zeit knapp ist - und dann macht man lieber was anderes. Aufräumen, umräumen, abwaschen, Staubsaugen, Filme gucken, bloggen.

A: Aber wenn Sie wissen, dass Sie keine Zeit haben, warum machen Sie dann etwas anderes und nicht das, was gemacht werden muss?

B: Weil ich an der Aufschieberitis leide.

A: Prokrastination?

B: Genau. Ich schiebe auf. Es ist eine Sucht. Ich kann nicht anders. Mein Gehirn schafft es einfach nicht, Aufgaben in einem angemessenen Zeitrahmen zu erledigen. Vielleicht stehe ich ja auf Stress und Zeitdruck und die allgemeine Panikzone.

A: Erläutern Sie das, bitte.

B: Die Panikzone? Schöner Ort, da bin ich schon Stammgast. Ich hab mir da schon einen Parkplatz gemietet. Ich bin da immer, wenn ich Probleme habe. Zeitprobleme, Motivationsprobleme, andere Probleme. Probleme halt. Die sind ja nie schön. Wenn man Probleme hat, dann ist das niemals schön. Es ist schrecklich. Schrecklicher ist nur das Wissen, dass man Probleme hat und nichts dagegen tun kann. Ich weiß sehr wohl, dass ich sehr viele Dinge erledigen müsste. Ich weiß auch, dass diese Dinge eigentlich nicht sonderlich schwer zu erledigen sind. Ich weiß, dass ich diese Dinge in einer bestimmten Zeit erledigen muss. Ich weiß, dass das wichtig ist. Aber ich habe keinen Antrieb. Keine Lust. Keine Motivation. Ich weiß, dass das nicht gut ist und dass ich das alles nicht länger aufschieben darf und dass das alles erledigt werden muss. Ich weiß, dass ich durch diese Antriebslosigkeit noch größere Probleme bekomme und am Ende vollkommen im Stress untergehen werde. Ich weiß das. Was ich allerdings nicht weiß, ist, warum ich das alles überhaupt aufschiebe. Warum ich unmotiviert bin. Können Sie mir das sagen?

A: Da sind Sie bei mir leider an der falschen Adresse.

B: Aber ich dachte...

A: Entschuldigen Sie mich, ich muss noch mein Bücherregal katalogisieren und meine DVD-Sammlung neu sortieren. Danach warten meine Bleistifte darauf, angespitzt zu werden. Ich habe wirklich keine Zeit für Ihre Probleme. Das sollten Sie auch nicht haben.